Montag, 14. November 2011

Markus Lüpertz und Hölderlin

Annabelle Gräfin von Oeynhausen-Sierstorpff hatte am 10. November 2011 den Künstler Prof. Dr. Markus Lüpertz in das "Gräflicher Park Hotel & Spa" eingeladen, um eine Lesung und Vernissage unter dem Thema "Diotima und Hölderlin" zu halten. Hier berichtet sie von ihrer persönlichen Verbindung zur Kunst und zu der Veranstaltung:

Markus Lüpertz und Hölderlin



Die, die schon mal im Gräflichen Park waren, wissen, dass der große deutsche Dichter Friedrich Hölderlin im Jahr 1796 sechs glückliche Wochen hier verlebte. Aber nicht allein: mit Susette Gontard, seine Muse, Seelenverwandte und wahrscheinlich auch große Liebe, der er als „Diotima“ ein schriftstellerisches Denkmal setzte. Nachdem meine Schwiegermutter, Gräfin Ramona, dem Aufenthalt dieser unglücklich Liebenden mit dem Hölderlin-Hain und der Diotima-Insel ein Denkmal setzte, gründete ich, zusammen mit dem Bürgermeister der Stadt Bad Driburg und der Touristik GmbH, den Kulturverein „Diotima Gesellschaft“, mit der Idee das kulturelle Erbe unserer Region zu beleben. Für Künstler aller Sparten ist Hölderlin eine wichtige Instanz. Auch für Markus Lüpertz, der zu den bekanntesten und schillerndsten deutschen Künstlern der Gegenwart zählt.

Mit ihm, dem Maler, Bildhauer, Dichter und ehemalige Rektor der staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf, verbindet mich auch einiges Persönliche.
Er lehrte in meiner Vaterstadt, Düsseldorf, wo ich auch direkt nach dem Abitur 4 Jahre leben und arbeiten durfte.
Damals interessierte ich mich sehr für zeitgenössische Kunst, wollte aber auf gar keinen Fall Kunstgeschichte studieren. Meine innig geliebte Patentante, Hete Hünermann, hatte ihre Galerie im Ratinger Tor, wo ich oft bei Vernissagen aushalf und mich langsam an die Galerienwelt herantastete. Nach meiner Lehre zur Groß- und Außenhandelskauffrau, durfte ich bei der Galerie Hans Mayer als Angestellte anfangen zu arbeiten. Das war für mich eine sehr spannende Zeit und natürlich kam man nicht umhin, Markus Lüpertz in der sehr lebendigen rheinländischen Kunstwelt zu erleben. 1996 machte meine Tante eine sehr schöne Ausstellung mit Markus Lüpertz. Leider verstarb sie vor 10 Jahren und die Galerie wurde geschlossen. Ich vermisse sie immer noch sehr, hatte sie und ihre Arbeit sehr geprägt. Auch wenn ich selber das nicht finde (sie war unglaublich elegant, schön, eloquent, klug, witzig, gebildet und herzlich), empfand ich es als ein riesiges Kompliment, wenn man mir sagte: „Du bist Hete sehr ähnlich.“

Als Prof. Lüpertz und ich uns endlich dieses Jahr persönlich kennenlernten, erzählte er mir, daß er im Ratinger Tor leben und arbeiten würde, wenn er in Düsseldorf sei. Das machte mich sehr glücklich, hatte ich doch oft, wenn ich aus Berlin oder Bad Driburg kommend meine Tante oder Großmutter besuchte, in der kleinen Wohnung über der Galerie geschlafen und viele wunderbare Menschen und Künstler im Ratinger Tor kennengelernt.

Anfang diesen Jahres erfuhr ich, daß Prof. Lüpertz großes Interesse hätte, Zeichnungen zu Hölderlins Diotima-Gedichten zu machen und dass er an einer 4 Meter hohen Hölderlin-Skulptur arbeite. Der wunderbare Verleger von Künstlerbüchern, der Münsteraner Dr. Joseph Kleinheinrich, war sofort einverstanden, Lüpertz zu überzeugen, im „Gräflicher Park Hotel & Spa“ sein „Diotima“-Buch zusammen mit den Zeichnungen und Skulpturen vorzustellen und ein paar von Hölderlins „Diotima“-Gedichten vorzulesen.

Jetzt war es endlich soweit: die Aquarelle und Skizzen wurden in der Südveranda sehr elegant und angemessen in Vitrinen, die die Firma „Leonardo“ freundlicherweise zur Verfügung gestellt hatte, zur Schau gestellt, die Skulpturen auf eigens dafür konzipierten Sockeln aufgestellt und die Bühne im Festsaal für seine Lesung hergerichtet. Der Meister kam kurz vor Veranstaltungsbeginn: ganz Dandy und Malerfürst, mit Gamaschen, Gehstock (mit silbernem Totenkopf), Nadelstreifenanzug und Hut. 

Wer meint, dass wenn jemand so ein großes Ego hat und mit reichlich Selbstvertrauen gesegnet ist, kompliziert sein muss, irrt. Ich habe im Laufe der Arbeit in der Diotima Gesellschaft festgestellt, dass die wirklich großen Künstler professionell sind und wenig Aufsehen um sich machen.
Er kam, setzte sich auf seinen „Thron“, las die Diotima-Gedichte runter, um möglichst schnell aus einem selbst verfassten Traktat mit dem Titel "Der Tod des Malers oder das Begreifen der Sterblichkeit", zu rezitieren, der demnächst in Buchform erscheinen wird. Auch einem Genie bleibt die Erkenntnis der Endlichkeit des eigenen Lebens nicht erspart. Die Erklärung, die er gegenüber den zahlreichen Zuhörern abgab, zeugte von der Fähigkeit zur Selbstironie: "Das ist die Hybris des Künstlers, andere an seinen Gedanken teilhaben zu lassen. Bis zur Belästigung. Aber damit muss die Umwelt leben."

Nach der Lesung signierte er die gekauften Exemplare der auf 180 begrenzten Auflage des nummerierten "Diotima"-Bändchens (Verlag Josef Kleinheinrich, Münster, 100 Euro), in der Lüpertz sieben schmale, hochformatige Aquarelle angefertigt hatte, kam er mit den Besuchern ins Gespräch und sprach bereitwillig über seine Arbeit.

Markus Lüpertz und Annabelle Gräfin von Oeynhausen-Sierstorpff

Die Sal. Oppenheim-Bank hatte die Veranstaltung zum Anlass genommen, ihre Kunden zu einem Flying Dinner einzuladen. Vor allem viele Damen folgten der Einladung, die den Meister mit ihren Fragen löcherten, bevor er sich auf den Weg nach Berlin machte.

Solche Abende wie diese machen mich glücklich: wenn viele Menschen wegen unserer kulturellen Veranstaltungen in den Gräflichen Park kommen und Künstler sich von diesem „Ort des ländlichen Vergnügens“, so die Vision des Badbegründers Caspar Heinrich von Sierstorpff und Vorfahr meines Mannes, sich hier inspirieren lassen und wohlfühlen. Im Januar kommen ganz viele verschiedene Künstler und Menschen zu uns. Zum http://www.read-festival.de/. Aber das ist ein anderes Kapitel und sicher werden die Leser des Gräflichen Blogs darüber etwas erfahren. Besser wäre es, sie kämen am 21. und 22. Januar 2012.

2 Kommentare:

  1. Foto 1 / Foto 2 -> (kommt per E-Mail, bitte in den Blog aufnehmen)

    B1 . Salzkotten-Wewer-Paderborn.2011 Germany: Naturumwandlung durch Technik. // Gräflicher Park Bad Driburg








    Hyperion an Bellarmin

    So kam ich unter die Deutschen.
    Ich forderte nicht viel und war gefaßt, noch weniger zu finden.
    Demütig kam ich, wie der heimatlose blinde Oedipus zum Tore von Athen, wo ihn der
    Götterhain empfing; und schöne Seelen ihm begegneten - .
    Wie anders ging es mir!
    Barbaren von alters her, durch Fleiß und Wissenschaft und selbst durch Religion barbarischer
    geworden, tiefunfähig jedes göttlichen Gefühls, verdorben bis ins Mark zum Glück
    der heiligen Grazien, in jedem Grad der Übertreibung und der Ärmlichkeit beleidigend,
    wie die Scherben eines weggeworfenen Gefäßes - das, mein Bellarmin! waren meine Tröster.

    Es ist ein hartes Wort und dennoch sag ichs, weil es Wahrheit ist: ich kann kein Volk
    mir denken, das zerrißner wäre, wie die Deutschen.
    Handwerker siehst du, aber keine Menschen,
    Denker, aber kein Menschen,
    Priester, aber keine Menschen,
    Herrn und Knechte, Jungen und gesetzte Leute, aber keine Menschen -
    ist das nicht, wie ein Schlachtfeld, wo Hände und Arme und alle Glieder zerstückelt
    untereinander liegen, indessen das vergoßne Lebensblut im Sande zerrinnt?
    Ein jeder treibt das Seine, wirst du sagen, und ich sag es auch.
    Nur muß er es mit ganzer Seele treiben, muß nicht mit dieser kargen Angst,
    buchstäblich heuchlerisch das, was er heißt nur sein, mit Ernst, mit Liebe muß er das sein,
    was er ist, so lebt ein Geist in seinem Tun, und ist er in ein Fach gedrückt, wo gar der Geist
    nicht leben darf, so stoß ers mit Verachtung weg und lerne pflügen!
    Deine Deutschen aber bleiben gerne beim Notwendigsten, und so wenig Freies,
    Echterfreuliches. Doch das wäre zu verschmerzen, müßten solche Menschen nur nicht
    fühllos sein für alles schöne Leben, ruhte nur nicht überall der Fluch der gottverlaßnen
    Unnatur auf solchem Volke.

    _______________________________________________________Friedrich Hölderlin, Hyperion


    Adventsgruß
    in Erinnerung an die Hölderlinveranstaltung in Bad Driburg.
    Wolfgang Püschel
    Gut Wilhelmsburg
    ////////////////////////////// 4.12.2011

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  2. Am 22. August kommt eine Doku im Rahmen von "Deutschland, deine Künstler" über Markus Lüpertz im Fernsehen, die sehr interessant ist und ich jedem empfehlen kann.

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