Freitag, 11. November 2011

Von einem Gastblogger und Gartenfan

Wir freuen uns, heute den ersten Gastblogbeitrag von Frank Spiegel zu veröffentlichen, der sich mit dem Gräflichen Park und dem Piet Oudolf-Garten im Besonderen auseinandersetzt. Vielen Dank dafür!

Gast-Blogger zu sein, das ist für mich eine neue Erfahrung. Mein Name ist Frank Spiegel, ich bin 42 Jahre alt, verheiratet, habe zwei Kinder im pubertierenden Alter und bin Redakteur beim WESTFALEN-BLATT in der Redaktion Brakel. In dieser Funktion schreibe ich oft und immer noch gerne über das, was sich in Bad Driburg und Brakel ereignet – bislang vor allem auf Papier, hier und jetzt erstmals zur Erstverwendung im Blog.
Gärten haben mich mein Leben lang begleitet. Als Kind hatten wir einen, den meine Eltern beziehungsweise meine Oma nutzten. Letztere vor allem, um dort Dinge zu ziehen wie Kartoffeln oder Möhren - so war das damals. Heute habe ich auch einen Garten und genieße es, abends dort zu sitzen, die Sonne untergehen zu sehen. Möhren und Kartoffeln baue ich keine mehr dort an. Ich habe schon meine Liebe Not, das Obst der Bäume auf dem Grundstück, das wir mit unserem Haus erworben haben sinnvoll zu verwerten.

Ich muss ganz ehrlich gestehen: Als ich hörte, dass Piet Oudolf einen Garten im Gräflichen Park gestaltet, habe ich das ganz entspannt zur Kenntnis genommen. „Dann bestimmt eben mal ein anderer, wo welche Blumen wachsen“, dachte ich mir. Damals hat man noch nicht viel von dem sehen können, was später kommen sollte.
Ich könnte jetzt von diversen Besuchen- ich liebe den Park nicht nur dienstlich, sondern auch ganz privat – berichten, beschränke mich aber auf mein Piet Oudolf-Garten-Schlüsselerlebnis. Das habe ich Carmen Bickmann zu verdanken. Ich kannte Carmen schon, bevor sie Pächterin der Gräflichen Gärtnerei wurde. Wir kamen in diesem Frühling über den Piet Oudolf-Garten ins Gespräch, den ich immer wieder gern besucht habe. Als Berufsneugieriger reichte es mir nicht mehr zu wissen, dass mich der Garten fasziniert. Ich wollte wissen, warum das so ist.

Und Carmen kennt die Antworten darauf. Sie bezeichnet Piet Oudolf als genialen (Garten-) Handwerker und begnadeten (Garten-)Künstler. Ich erfahre, dass Piet Oudolf-Gärten im Gegensatz zu den traditionellen englischen Gärten nicht zum bloßen Hindurchgehen und Betrachten da sind. „Es lohnt sich stehen zu bleiben, den Standort zu wechseln, neue Perspektiven zu wählen. Es ergeben sich immer wieder faszinierende Einblicke“, erzählt Carmen. Piet Oudolf lege Wert auf Strukturen und Texturen, daher würden die Pflanzen auch nicht im Herbst abgeschnitten wie in den meisten Gärten. Das morbide Vergehen der Stauden im Herbst und Winter und das neue Entstehen gehöre zum Konzept der Gärten Piet Oudolfs. Carmen vergleicht einen Gang durch den Garten mit einer Meditation: Man muss sich einlassen auf das Beet.


Das alles hat sie mir „dienstlich“ erzählt und es ist auch ein Artikel daraus entstanden. Aber die Faszination für den Garten hat sich dadurch nur noch erhöht. Ich bin – wie von Carmen angeregt – auf die Rasenhügel gestiegen, um neue Einblicke zu gewinnen, habe ihn mir von ganz ganz nahe und weit weit weg angesehen und schließlich festgestellt: Mich spricht der Garten ganz persönlich an. Dieses Fleckchen Erde hatte mit meiner Möhren- und Kartoffeln-Gartenherrlichkeit als Kind nicht mehr viel gemein. Dieser Garten wirkt durch sich. Mich spricht die Philosophie dahinter an.
Woher komme ich, wer oder was bin ich, wohin gehe ich?

Ein Piet Oudolf-Garten lässt seinen Besucher mit diesen Fragen nicht alleine, drängt sich aber auch nicht auf – erinnert ein wenig an einen guten Freund, finde ich.

Wer den Garten jetzt unvorbereitet besucht und um seine Philosophie weiß, wird entsetzt sein. Die wunderschönen Stauden sind gestutzt. Kälte, Schnee und Eis werden keine Muster und Texturen erschaffen können.


Es gibt aber eine Erklärung für den vermeintlichen Frevel, der nach derselben kein solcher mehr ist, im Gegenteil: Die Gartendesignerin und Zwiebelblumen-Expertin Jacqueline van der Kloet bereichert den Piet Oudolf-Garten im Gräflichen Park vom kommenden Frühjahr an mit ihrem Entwurf für Frühlingsblüher. »Und um die Zwiebeln einzubringen, mussten wir die Stauden schneiden«, erklärt Heinz-Josef Bickmann, Direktor der Gräflichen Gärten und Parks. Der ist übrigens mit Carmen aus der Gärtnerei weder verwandt noch verschwägert.



Klar, ich finde es auch schade, auf die trockenen und filigranen Pflanzen, überzogen mir Reif oder Frost, verzichten zu müssen. Aber auf der anderen Seite ist es nur eine Saison, in der dieses Kapitel im Piet Oudolf-Garten ausfällt. Und ganz sicher ist: Im kommenden Frühjahr will ich sehen und dokumentieren- dienstlich wie ganz privat -, was aus den 76000 Blumenzwiebeln geworden ist.

 

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