Freitag, 30. März 2012

"Die totale Öffentlichkeit!?"

Ein Halbtagsforum zum Thema "Facebook, Twitter + Co. - Die totale Öffentlichkeit? Unternehmen zwischen Profit und Pranger" der Industrie- und Handelskammer Bielefeld mit dem Referenten Klaus Eck
Könnte interessant werden, dachten wir (= Kristina Schütze, PR-Referentin der Unternehmensgruppe Graf von Oeynhausen-Sierstorpff, Tamara Richardt, Marketing der Gräflichen Kliniken, und ich) und fuhren am Mittwoch nach Bielefeld. Im modernen Gebäude des Unternehmens itelligence AG erwartete uns neben dem PR- und Kommunikationsprofi Eck eine bunte Mischung von Referenten: Prof. Dr. Ralf Schengber, Torsten Scholz, Prof. Dr. Thomas Hoeren und die charmante Moderatorin Brigitte Büscher. Die gute Schule der Barcamps zeigte Wirkung und somit begann ich auch gleich zu twittern, nur leider hatte ich den Hashtag erst falsch verstanden, so dass die meisten Tweets unter #ihkforum statt #ihkform gelandet sind. Machte aber nix, außer mir war es sowieso nur eine Handvoll Teilnehmer, die mittwitterten.
Bezüglich der Themenauswahl gab uns Klaus Eck zunächst einen Social-Media-Überblick (in einer sehr ansprechenden prezi verpackt), von dem die meisten Inhalte jedoch für uns bereits größtenteils bekannt waren.
Einige Denkanstöße habe ich aber mitgenommen, so z.B. dass die Persönlichkeit immer wichtiger wird, und das beispielsweise darin resultiert, Fotos der jeweiligen Ansprechpartner in Firmen auf den Homepages online zu stellen. So hat man gleich ein Bild des Mitarbeiters vor Augen statt eine recht uninspirierende Emailadresse. Auch wichtig sei es, immer zu fragen: Was hat der Kunde davon, dass er uns in den sozialen Medien folgt, was ist sein Mehrwert?

Anschließend klärte uns Ralf Schengber über verändertes Kaufverhalten dank Social Media auf. Auch hier eher wenig wirklich Neues, aber dafür einige sehr unterhaltsame Anekdoten (z.B. dass aus einem Gugelhupf bei jüngeren Internetusern ganz schnell ein "Googlehupf" werden kann). Ein bemerkenswerter Hinweis hier, der auch von uns immer wieder ins Gedächtnis gerufen werden muss: "Posten Sie nichts von oder über sich selbst, was Sie nicht auch als Schlagzeile in der BILD lesen wollen würden" - wie wahr. Der Referent gab uns darüber hinaus einen Einblick in die Customer Journey (z.B. dass ein Kunde erst Bewertungsportale besucht, bevor er auf unsere Homepage zum Kauf kommt bzw. dass er nach der haptischen Erfahrung im Laden zum Internet zurückkehrt, um billiger zu bestellen). Abgeschlossen wurde sein lockerer Vortrag von dem Hinweis auf http://www.dasinternetabschalten.de/ - einfach mal ausprobieren ;)

Danach war Torsten Scholz an der Reihe, der einen mit Angliszismen gespickten Vortrag über die Social Media-Strategie von itelligence hielt. itelligence (als IT-Unternehmen mit vorrangig B2B-Geschäft) wendet sich auch in seiner Social Media-Arbeit an ITler. Durch die hochspezialisierte Arbeit in bestimmten erklärungsbedürftigen Bereichen scheint dabei Facebook als Unterhaltungs- und Spaß- bzw. Kundenbindungsmedium nicht so gut zu laufen. Dafür hat das Unternehmen 20 Twitteraccounts und liefert fachliche Blogposts, die besonders in dem Branchenumfeld sehr geschätzt werden.

Als letzter Vortragender wandte sich Thomas Hoeren mit einer bissigen Analyse verschiedener Rechtsverstöße direkt an seinen Vorredner und schickte gleich voraus, dass er sich deren Social Media-Präsenz angesehen habe und daraufhin bereits eine Abmahnung verschickt habe - es ging dabei um ein fehlendes Impressum bis hin zur Nutzung von Fotos.
Herr Hoeren hat mich in seinem polemischen Beitrag beeindruckt - er hat dem weniger kenntnisreichen Teil des Publikums die Lust auf Social Media durch verschiedene Fallbeispiele wahrscheinlich nachhaltig verdorben. Es ging von der Pflicht, auf der Facebook- oder Blogseite einen "V.i.S.d.P." (Verantwortlichen im Sinne des Presserechts) zu nennen sowie eine Datenschutzerklärung, über erfolgreichen Fotoklau, den Herr Hoeren (unter einem Fake-Account! Also gegen die Facebook-AGBs verstoßend!) durchgeführt hat (und der die Betroffenen nicht einmal zu stören schien) bis hin zur Notwendigkeit, eine Social Media-Präsenz 24/7 betreuen zu müssen, um im Falle eines Problemes sofort reagieren zu können. An vielem, was Herr Hoeren teils überspitzt formuliert hat, ist etwas dran, bei einigen Fällen bewegen sich Unternehmen durch rechtliche Grauzonen. Und er gab darüber hinaus zu bedenken, dass es eine Menge arbeitsloser Anwälte gebe, die sich darauf spezialisiert hätten, durchs Netz zu surfen, entsprechende Verstöße zu protokollieren und Abmahnungen zu verschicken.

In der anschließenden Diskussion mit allen Referenten ging es auch um die Shitstorm-Problematik wie bei teldafax, Herr Hoeren sprach darüber hinaus das Beispiel Otto und auch pril an - wie nachteilig sich diese Fälle auswirken können (teldafax und pril gibt es hier zum Nachlesen). Klaus Eck widersprach ihm zum Glück und betonte dabei den Nutzen der dabei entstandenen Viralität, außerdem brachte er das entschärfende Beispiel der Sparkasse Passau an und gab zwei Tipps für den Fall der Fälle bei Beschwerden: 1. Zuhören, 2. entschuldigen. Mehr nicht. Reicht schon. Weiterhin wurde nochmals betont, dass es für Unternehmen keinen Sinn macht, sich über Social Media aufzuregen - selbst wenn man als Firma in keinem Netzwerk vertreten ist, sind es die Kunden, Mitarbeiter oder andere stakeholder dennoch - und unterhalten sich darin über die Firma. Ob das Unternehmen es will oder nicht!

Was mich persönlich unglaublich stolz machte, war, dass Klaus Eck vor dem recht großen Publikum das Twitterbeispiel seines Aufenthaltes im letzten Jahr im Gräflichen Park erwähnte. Dabei hatte er als Gast im Gräflichen Park Probleme mit dem W-Lan gehabt, was er prompt twitterte. Seinen Tweet hatte ich schnell gesehen, konnte das Problem mithilfe unseres Twitteraccounts, der Hilfe der Rezeption und dem daraufhin entstehenden Dialog auf Twitter lösen. Dank Social Media!

Und - beim anschließenden Get-together, bei dem ich mich persönlich bei ihm bedankte, ergänzte er, dass er in seinen deutschlandweiten Vorträgen eigentlich immer nur zwei Hotels erwähnt: das prizeotel Bremen (er lobte dabei den vorbildlichen Umgang mit Bewertungen und den Blog des Hotels) und uns. Was für ein Ritterschlag! Sehr große Freude bei der kleinen Delegation aus dem Gräflichen Park!

Die abschließende Rednerin, Susanne Schaefer-Dieterle aus dem Beirat des Marketing-Club OWL Bielefeld, fasste die Veranstaltung danach folgendermaßen zusammen: "Sie sind nicht drin, aber Sie sind drin - und Vorsicht vor arbeitslosen Anwälten!" Dass vor allem die recht reißerischen Aussagen von Prof. Dr. Hoeren gut im Publikum ankamen, macht auch noch dieser Follow-Up-Artikel in der "Neuen Westfälischen" deutlich. Eine neutralere Bewertung der Veranstaltung ist auf dem Blog des Social Media Marketing Managers Thorsten Ising zu finden. Die Präsentationen der Referenten sind übrigens hier auf der Seite der IHK einsehbar.



Donnerstag, 22. März 2012

Vom Fachkräftemangel und der ITB

Die Woche um den 10. März herum war eine ziemlich aufregende – so aufregend, dass ich erst jetzt dazu komme, sie Revue passieren zu lassen! Nicht nur, dass wir im Gräflichen Park das Leipziger Streichquartett zu Gast hatten und das Fußballteam des Hotels beim UGOS-Fußball-Cup den 2. Platz hinter der Moritz-Klinik holte, nein, darüber hinaus waren auch noch einige von uns bei der Internorga in Hamburg unterwegs und natürlich auf der Internationalen Tourismusbörse (ITB) in Berlin. Meine Azubine Susanne S., die bereits aus diesem Blogbeitrag bekannt ist, und ich konnten am Donnerstag einen eigenen Blick auf die Entwicklungen im Tourismusmarkt in Berlin werfen.

Dazu ging es bereits um 6.30 Uhr mit ICE und Co. los, so dass wir fast pünktlich zu Messebeginn gemeinsam mit gefühlt Abertausenden anderen Fachbesuchern auf das Messegelände strömen konnten. Für den Tag hatten wir uns ein viel zu volles straffes Programm zusammengestellt, das Termine für Fachgespräche, einen Besuch des ITB-Kongresses mit Fachvorträgen sowie einen Besuch bei unserem Chef und Chief Marketing Officer Olaf Beck in der HSMA-Lounge beinhaltete. Wunderbar, auch viele andere bekannte Gesichter, z.B. vom Hotelcamp, wiederzusehen!

Running Gag und Reizthema des Tages war allerdings das Wort „Hongkong“. Susanne, die nun vor ihrer Abschlussprüfung als Hotelfachfrau steht, interessierte sich auch für Karrieremöglichkeiten. Hierzu wurden wir am Kempinski-Stand fast genötigt sehr eindringlich auf die Kempinski Career Days angesprochen, zu denen sie unbedingt nach München reisen sollte – und sehr wichtig seien übrigens auch Auslandserfahrungen, die man z.B. in Hongkong sammeln sollte, sonst hätte man eher geringe Chancen.

Das Wort „Hongkong“ zog sich anschließend auch durch die Podiumsdiskussion „War for Talent“ - die Massenflucht aus der Hotellerie. Die Hotellerie bildet aus und verliert danach ihren Nachwuchs an andere Branchen. Wie kann sie junge Leute begeistern? Und was bietet die Branche den Jung-Akademikern?
Hierbei hatten wir uns auf eine aufschlussreiche Diskussion zwischen dem Moderator Hartwig Bohne, Inhaber hpc bohne Consulting, und dem Panel bestehend aus Manuel Konen, Vorstand, Konen & Lorenzen Recruitment Consultants, Katrin Melle, Director Human Resources, Hyatt International EAME und Robert F. Wetterauer, Präsident, EUROCHRIE (European Council on Hotel, Restaurant & Institutional Education), eingestellt. Wir wurden leider etwas enttäuscht, denn die zahlreich versammelten jungen Hotelschüler und -azubis hörten dabei eine ca. 60minütige Mischung aus Unternehmensdarstellung und immer wieder der Betonung, dass die Hotellerie einfach etwas mehr über sich selbst informieren sollte und die Vorzüge des Berufes darstellen sollte, dann würde sich das schon regeln mit dem Fachkräftemangel - also aus meiner Sicht rein kosmetische Maßnahmen. 

Erst bei der leider knapp gehaltenen Fragerunde für die Zuschauer wurden die Diskutanten zu dem eigentlichen Thema befragt bzw. damit konfrontiert, dass zum Titel der Veranstaltung konkret eigentlich wenig gesagt wurde (wie können junge Leute begeistert werden, wie soll die Branche attraktiv werden?). So griff eine Absolventin der Berliner Hotelschule das Stichwort „Work-Life-Balance“ auf oder Karrieremöglichkeiten für Frauen – was die Panelisten denn zu diesen Themen sagen könnten? Leider erschöpfte sich die Beantwortung der Frage darin, dass man sich erst einmal hocharbeiten müsste und dann würde sich das schon selbst regeln. Ein Absolvent von Lausanne erkundigte sich nach der Beteiligung der späteren Arbeitgeber an der Ausbildung – und deutete damit indirekt an, dass die vielfach zu besetzenden Jobs wie z.B. im Housekeeping, Empfang oder Service nun einmal nicht die Fächer sind, für die man studieren muss, sondern es sind die selteneren Posten im Management, die aber trotzdem noch schlechter bezahlt sind als in anderen Branchen.

Konkrete Tipps oder neue Erkenntnisse zum Fachkräftemangel und wie man ihm vorbeugen kann, erhielten wir leider eher wenige - außer von der Arbeitgeberseite, dass Absolventen und Interessenten Leidenschaft, Flexibilität und Mut z.B. für lange Arbeitszeiten und Auslandsaufenthalte mitbringen sollten und sich intensiv mit der Branche auseinander setzen müssen, z.B. durch Praktika. Dafür betonte Herr Konen, dass die Berufserfahrung gerade im außereuropäischen Raum (wie z.B. Hongkong!) eminent wichtig sei. Frau Melle mit ihrer erfrischenden Art ist uns mit aufschlussreichen Ideen im Gedächtnis geblieben – bei Hyatt scheint man sich viele Gedanken um Personalentwicklung zu machen. Eine lesenswerte Summary der Hard Facts der Diskussion ist übrigens auf dem Blog der Hotelfachschule Hamburg zu finden. Generell ein sehr interessantes und in der nächsten Zeit auch akutes Thema, über das ich gerne mehr erfahren würde. Auch wir im Gräflichen Park machen uns natürlich Gedanken, wie wir junge Leute für die Hotellerie begeistern und auch in der Branche halten können. Somit war dies ein Tagesabschlusspunkt, über den Susanne und ich auf dem Heimweg noch lange diskutierten - und es wäre wünschenswert, die Diskussion im nächsten Jahr auf der ITB mit etwas stärkerem Schwerpunkt auf die Massenflucht und die Fragen, die die Absolventen bewegen (Gehalt, Vereinbarkeit von Beruf und Familie etc.) zu wiederholen.