Montag, 3. Februar 2014

Einige medizinische Gedankensplitter zum Thema "Fasten"



Bald beginnt wieder die traditionelle Fastenzeit. Auch bei uns im Gräflichen Park, im hoteleigenen F.X. Mayr-Zentrum, sind die Wintermonate bis Ostern klassischerweise Hochsaison. Zu diesem Anlass hat sich unser F.X. Mayr-Arzt, Dr. Henk C. Hietkamp, einige Gedanken zu diesem Thema gemacht:



Dr. Hietkamp
Fasten löst positive Effekte aus, ob nun klassisch mit totalem Kalorienverzicht durchgeführt, oder als Teilfasten, bei dem eine gewisse Menge an Nahrung behutsam aufgenommen wird. Bei beiden Fastenformen wird reichliches Trinken empfohlen um die Ausscheidungsprozesse sicherzustellen. Parallel dazu sorgt ein mildes Abführen für eine Entlastung des (Dick-)darms. Beide Maßnahmen beeinflussen das Mikrobiom, die Bakterienpopulation des Dünn- aber v.a. des Dickdarms. Um die tiefgreifende Wirkung der Darmbakterien auf unsern Körper zu verstehen, werde ich einige Zusammenhänge skizzieren.



Das Mikrobiom steht zur Körperzellzahl in dem unglaublichen Verhältnis von ca. 10:1, d.h. dass es 10 x mehr Bakterien in unserem Körper gibt als Körperzellen. Erstaunlicherweise wird das Muster dieser Zusammensetzung über Generation vererbt in einem Modus, der noch nicht bekannt ist. Mit dieser „Vererbung“ werden gesundheitliche Vor- und Nachteile weitergereicht. Trotz der geschätzten 900 Bakterienarten mit ihren unendlichen Variationen – und jeder Mensch hat eine ganz individuelle Zusammensetzung - gibt es mindestens drei Grundtypen, ähnlich den Blutgruppen. Der menschliche Darm ist wohl das Ökosystem mit der dichtesten Besiedlung, das bis anhin bekannt geworden ist.



Unter dem Begriff „Metabolom“ wird die gesamte Stoffwechselaktivität der Darmbakterien verstanden und diese kann wohl am besten mit einem riesigen Bioreaktor verglichen werden: Es werden eine Unzahl an chemischen Verbindung durch diese Bakterien produziert, die im Blut, Urin, Stuhl und in der Ausatmungsluft als Konstante messbar sind. 
Forscher der ETH Zürich haben beschrieben, wie jeder Mensch durch die Analyse der Ausatmungsluft genauso sicher identifiziert werden kann wie mit seinem Daumenabdruck. Dass das „chemische Profil“, das von unseren Darmbakterien freigesetzt wird mit unserer Gesundheit was zu tun haben könnte, wird an dieser Stelle jedem klar. Tatsächlich wird das Mikrobiom heute schon mit der Enstehung von Erkrankungen in Zusammenhang gebracht, aber – und das ist die gute Nachricht – auch mit gesundheitlichen Vorteilen.



Die Stoffe, die von den Bakterien produziert werden, spiegeln die biochemische Synthesefähigkeit der Bakterien wider. Ein anderer Aspekt ist, dass die Bakterien ihre Produktion steigern, die am besten „gefüttert“ werden. Die Bakterien leben von dem, was der Mensch nicht verdauen kann und so entsteht hier eine direkte Verbindung zwischen der Menge und der Zusammensetzung der Ernährung und unserer Darmflora. Seit einigen Jahren ist z.B. bekannt, dass bei einer bestimmten Zusammensetzung des Mikrobioms chemische Substanzen gebildet werden, die der Mensch als Energiequelle verwerten kann und so zu einem besseren „Futterverwerter“ wird – mit unangenehmen Konsequenzen für das Gewicht.



Das Mikrobiom wird nicht nur von der Art und Weise unserer Ernährung beeinflusst, sondern auch über die seelisch-emotionale Ebene: Heute ist bekannt, dass Stress als alleiniger Faktor fähig ist, die Bakterienzusammensetzung des Darmes negativ zu verändern.



Fasten als ganzheitliche Erfahrung erfasst den ganzen Menschen. Auf dem Hintergrund des Geschilderten ist es leicht nachzuvollziehen, wie über das Fasten das Mikrobioms direkt beeinflusst werden kann.



Die Werbewelt in der wir leben, erzählt uns täglich eine Unwahrheit vor: „Je mehr, um so besser“. Die Wahrheit dürfte wohl eher wie folgt zu formulieren sein: „Nicht in der Menge, sondern im Maß der Dinge verbirgt sich der wirkliche Gewinn.“ So ist es nicht verwunderlich, dass der Magen-Darm-Bereich wohl das Organ ist, das am häufigsten überfordert wird, aber gleichzeitig auf entlastende Maßnahmen sofort positiv reagiert. Das (Teil-)fasten bietet dazu eine hervorragende Möglichkeit. Fastende beschreiben ihr Empfinden deshalb oft mit einem Wort: „Leichtigkeit“.

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